Lieferantenwechsel

Lieferantenwechsel

Es ist Freitag der 13 im Jahre 2024 nach Christus. Ich habe einen Brief von meinem Stromlieferanten bekommen, er will mehr Geld für den Strom. Oder er ist generell zu Teuer und mein Vertrag läuft aus. Ich werde mir wohl oder übel einen anderen Anbieter suchen, das ist Markt. Ein guter Anlass dazu, einmal auf den Prozess des Lieferantenwechsels zu sehen.

Markt

Zunächst aber ein paar Worte zur Ausgangslage der Elektrizitätswirtschaft. Als ich in der Elektrizitätswirtschaft 1977 anfing, bestanden noch Gebietsmonopole, für jeden Anschluss gab es exakt einen Lieferer / Versorger der den Kunden / Abnehmer versorgte. In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts kam es zu einem Paradigmenwechsel, weg vom Gebietsmonopol hin zu einer marktorientierten Stromlieferung. Parallel dazu wurde dieses auch für die Gasversorgung durchgeführt, da vieles ähnlich ist und die Grundlagen sich mittlerweile angepasst haben, ignoriere ich dieses hier einmal. In Zusammenarbeit von Aufsicht, Branchenverbänden und Versorgern ist damals ein Geschäftsmodell entwickelt worden, das eine marktorientierte Lieferung zulässt, aber auf nur einem physischen Netz beruht. Kosten durch Parallelnetze sollten nicht entstehen. Im Kern besteht dieses Modell zwei Kernelementen:

  • Der Trennung der Netze von der organisatorischen Versorgung und
  • dem Poolmodel für die Abwicklung der Geschäfte

Durch die Trennung der Funktionen und den dazugehörenden Aufgaben in unterschielichen Rollen sind vier Marktrollen entstanden:

LiefererFühren des Bilanzkreises (Bilanzkreisverantwortlicher)
Erstellen von Fahrplänen für die Beschaffung der Energie und deren Übertagung zum Kunden
MessstellenbetreiberDurchführung von Messungen
VerteilungsnetzbetreiberBetrieb und Fortentwicklung von Verteilungs- und Ortsnetze zur Versorgung von Kunden
ÜbertragungsnetzbetreiberBetrieb und Fortentwicklung eines übergeordnetten Höchst- und Hochspannungsnetzes
Beschaffung von Regelenergie (Mehr-/Mindermengen, Netzverluste, Frequenzhaltung …)

Ich möchte das Thema hier nicht weiter vertiefen. Thema ist hier eigentlich etwas anderes, die

Marktkommunikation

Quintessenz ist, dass an der Versorgung einer Anlage immer mehrere, voneinander getrennte Organisationen beteiligt sind. Diese sind dazu verpflichtet, miteinander Kommunizieren. Die gesetzliche Grundlage ergibt sich aus StromNZV §14:

Die Netzbetreiber sind verpflichtet, für die Durchführung des Lieferantenwechsels für Letztverbraucher sowie für die Zuordnung von Einspeiseanlagen zu Händlern und Bilanzkreisen bundesweit einheitliche, massengeschäftstaugliche Verfahren anzuwenden. Für den elektronischen Datenaustausch mit den Netznutzern ist ein einheitliches Datenformat zu verwenden. Die Netzbetreiber sind verpflichtet, die elektronische Übermittlung und Bearbeitung von Kundendaten in massengeschäftstauglicher Weise zu organisieren, sodass die Kundendaten in vollständig automatisierter Weise übermittelt und bearbeitet werden können. Die Verbände der Netznutzer sind an der Entwicklung der Verfahren und Formate für den Datenaustausch angemessen zu beteiligen.

StromNZV $14 (1) Aufruf vom 13.12.2024

Dadurch das die Netzbetreiber zu einer bestimmten Art der Kommunikation verpflichtet sind, müssen auch Lieferanten und Messstellenbetreiber sich an diesen Standard halten.

Bereits aus diesem Absatz lassen sich mindestens zwei Ebenen der Kommunikation ableiten, eine

  • technische Ebene und eine
  • organisatorische Ebene.

Technische Ebene

Während der Gesetzgeber noch von einem bundesweit einheitlichen, massentauglichen Verfahren spricht, werden die Vorgaben der Branchenaufsicht in Form der Bundesnetzagentur bereits Präzise: Das Verfahren basiert auf dem von der UNO herausgegebenen EDIFACT – Datenformat, das den Erfordernissen der Branche angepasst ist. Die technische Ebene erklärt also, wie die Marktteilnehmer untereinander kommunizieren. Ist in erster Linie ein technisches Problem und hat mit meinem Problem des Lieferantenwechsels nur mittelbare Bedeutung. Ich verkürze deshalt an dieser Stelle.

Organisatorische Ebene

Beide Dokumente werden von der Bundesnetzagentur herausgegeben und beschreiben anhand von Anwendungsfällen (Use-Case) standardisierte Geschäftsprozesse.

Die Anwendungsfälle beschreiben, wer in welchen Fall mit wem wie zu interagieren hat. Dazu gehören neben dem Auslöser auch Handlungen bei Unstimmigkeiten.

GPKE

  • Kündigung
  • Lieferende
  • Lieferbeginn
  • Beginn der Ersatz- / Grundversorgung
  • Übermittlung der bisher gemessenen Arbeits- und Leistungswerte
  • Netznutzungsabrechnung
  • Übermittlung von Preisblättern
  • Unterbrechnung der Anschlusslieferung auf Anweisung des Lieferanten
  • Wiederherstellung der Anschlusslieferung auf Anweisung des Lieferanten
  • Stornieren und Wiederherstellen der Anschusslieferung auf Anweisung des Lieferanten
  • Stammdatensynchronisation
  • Stammdatenänderungen

WiM

  • Kündigung Messstellenbetrieb
  • Beginn Messstellenbetrieb
  • Verpflichtung gMSB
  • Gerätewechsel
  • Geräteübernahme
  • Messlokationsänderungen
  • Ersteinbau einer mME in eine bestehende Messlokation
  • Ersteinbau einer iME in eine bestehende Messlokation
  • Abrechnung Messstellenbetrieb
  • Abrechnung von Dienstleistungen

Lieferantenwechsel

Zu meinem Problem zurück: Ich tapere als alter Mann nun zum Beratungszentrum der hiesigen Stadtwerke. Natürlich ohne eine alte Rechnung.

Stammdatenabgleich

Identifizierung der Entnahmestelle

Eine Entnahmestelle ist anhand von nicht mehr als drei mitgeteilten Daten zu identifizieren. Es soll eine der folgenden Datenkombinationen mitgeteilt werden:

  1. Zählpunkt oder Zählpunkt-Aggregation und Name oder Firma des Kunden sowie Straße, Postleitzahl und Ort der Entnahmestelle
  2. Zählernummer und Name oder Firma des Kunden sowie Straße, Postleitzahl und Ort der Entnahmestelle oder
  3. Name des bisherigen Lieferanten, Kundennummer des bisherigen Lieferanten und Name oder Firma des Kunden sowie Straße, Postleitzahl und Ort der Entnahmestelle.

Wenn der neue Lieferant keine der in Satz 2 aufgeführten Datenkombinationen vollständig dem Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen mitteilt, darf der Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen die Meldung nur zurückweisen, wenn die Entnahmestelle nicht eindeutig identifizierbar ist. In diesem Fall ist die Meldung für diese Entnahmestelle unwirksam. Änderungen wesentlicher Kundendaten sind wechselseitig unverzüglich mitzuteilen. § 27 Absatz 1 Nummer 18 bleibt unberührt.

StromNZV §14 (3) Aufruf vom 13.12.2024


Kündigung

Grundlage ist der Anwendungsfall Kündigung aus der GPKE

Der Use-Case Kündigung ist eine Abstimmung zwischen dem alten und dem neuen Versorger, wobei der Neuversorger im Auftrag des Letztverbrauchers (Kunde) einen Stromlieferungsvertrag für die genannte Marktlokation kündigt.

Die Kündigung kann ein beliebiges in der Zukunft liegendes Kündigungsdatum (auch untermonatlich) angegeben werden. Das Kündigungsdatum kann sich sowohl auf einen fixen Zeitpunkt als auch auf einen nächstgelegenen Zeitpunkt beziehen. Handelt es sich um die Ausübung eines Sonderkündigungsrechtes, so muss das Kündigungsdatum nicht in der Zukunft liegen, sondern kann identisch mit dem Erstellungsdatum der Kündigung bein Neulieferer angegeben werden, muss aber am glichen Tag beim Altlieferer eingehen.

Der Altlieferer prüft die Kündigung und teilt dem Neulieferer das Ergebnis mit. Es gelten folgende Regeln

  • Hat der Neulieferer auf ein fixes Datum gekündigt und wird dieses vom Altlieferer nicht bestätigt, so teilt der Altlieferer das nächstmögliche Kündigungsdatum und die Kündigungsfrist mit.
  • Hat der Neulieferer auf das nächstmögliche Datum gekündigt, so bestätigt der Altlieferer die Kündigung unter Angabe dieses Datumgs
  • Liegt dem Altlieferer bereits eine wirksame Kündigung vor (durch einen Neulieferer oder einen Letztkunden) wird die entsprechende Konstellation beschrieben (Use-Case Antwort Altlieferer bei Kündigung eines bereits wirksam gekündigten Vertrages)
  • Bezieht sich die Kündigung durch den Neulieferer auf eine Marktlokation in Ersatz- oder Grundversorgung, so findet keine Prüfung der Mindestvertragslaufzeiten bzw. Kündigungsfristen statt. Derartige Fristen existieren in einer Ersatz- / Grundversorgung nicht.

Abbildung SAP Utilities

Tabelle EVER Vertrag Felder

  • KUENDDAT Kündigungsdatum
  • KFRIST Anzahl von Zeiteinheiten für die Kündigungsfrist
  • KUENPER Einheit zur Kündigungsfrist
  • VBEGINN Vertragsbeginn
  • VEND Vertragsende

Lieferende


Lieferbeginn

Close Menu
error: Content is protected !!