Ich fahre selbst einen Stromer. Nissan Leaf, gebraucht gekauft, 62 kWh Akku, 217 PS. Verbrennermotoren / Turbolader habe ich in meinem Leben viele Schrottreif gefahren. Ich gehöre eben nicht zu diesen Personen, die die Diskussion in den „Sozialen Medien“ bestimmen: Die mit ihrem Gespann, Tempo 200+ über die Straßen jagen um ihre täglichen 800 km zu schaffen. Ich stehe auch nicht während des Ladens neben dem Wagen und warte auf das Ladeende. Schon zu meiner Zeit mit Verbrennern habe ich den Tank nachgefüllt, wenn der Kraftstoff billig war und nicht, wenn der Tank soweit leer war dass ich jeden Preis akzeptieren musste.
ENTWURF UND FAKTENSAMMLUNG
Ich will hier nicht jeder neuen Schraube, die irgendwo auf diesem Planeten neu eingeführt wurde, hinterherhecheln. Es geht mir um das Quo Vadis dieser Technologie.
Thesen
- Es gibt keine Mobilität zum Nulltarif. Egal wie, egal womit, es verbraucht Ressourcen für die Geräteherstellung und Energie für den Betrieb. Die Ressourcen können gering sein, wie sie z. B. beim Zu Fuß gehen oder sie können sehr aufwendig sein, wie beim Pickup-Truck zum Einkaufen.
- Der Elektroantrieb ersetzt zunächst lediglich die Verbrennermotoren (Otto, Diesel). Damit werden einige Probleme vermieden oder verlagert, der Elektroantrieb löst nicht die Probleme eines überzogenen des Individualverkehrs.
- Technik und Technologie haben spezifische Eigenschaften. Die können sich auf den Anwendungsfall positiv auswirken, dann besteht ein Vorteil. Die Auswirkungen können aber auch negativ sein, nennt sich dann Nachteil.
- Bei Technik spielt die Mensch-Maschine- Schnittstelle eine wichtige Rolle. Auf der Seite der Menschen stehen Gewöhnung, Vorlieben bis hin zum Fetischismus, Überforderungsängste. Auf der Maschinenseite stehen vordefinierte Funktionen, die nach Bedienungsanleitung abgerufen werden können.
- Elektromobilität ist keine Erfindung der Neuzeit oder ein Hirngespinst der Grünen. Bereits in der Anfangszeit der technischen Mobilität wurde mit dem Elektroantrieb bei Automobilen experimentiert. Auf der Schiene ist der Elektroantrieb eher die Regel als die Ausnahme.
- Technologie und die darauf entstandene Technik entwickelt sich. Viele Ärgernisse aus der Vergangenheit sind heute nur noch Ärgernisse in der Vergangenheit. Neue Anwendungen werden entworfen und ausprobiert, es setzt sich durch, was Nutzen bringt.
- Eine Zeit der simplen All4One Lösungen hat es wahrscheinlich nie oder nur selten gegeben und wird es nicht geben. Entweder wurden Lösungen akzeptiert, weil es keine Alternative gab oder sie waren so simpel, dass sie unbeschränkt nutzbar sind. Selbst auf dem Fahrzeugmarkt gibt es eine Aufsplitterung in diverse Lösungen (Diesel / Ottomotor, Front- / Heck- / Allradantrieb).
- Der Elektroantrieb ist einfacher als ein Verbrenner aufgebaut, das erleichtert eine Diversifizierung, wie sie in anderen Bereichen der Digitalisierung aufgetreten ist, ist durchaus auch im Bereich Elektromobilität denkbar.
- Ein Fahrzeug ist für Viele ein Status- und Fetischobjekt.
Mögliche Einflußfaktoren
Ist jetzt keine wissenschaftliche Auflistung von Faktoren, sondern das Resultat meiner Erfahrung und Gesprächen.
Straßenlage
Eigene Anschauung: Batteriebetriebene Stromer haben eine bessere Straßenlage als Verbrenner. Liegt vor allem an der zum Verbrenner unterschiedlichen Masseverteilung. Beim Stromer liegt die Batterie unterhalb der Fahrzeugkabine, der Motor ist beim Verbrenner überwiegend im vorderen Teil oberhalb der Frontachse verbaut. Bei Stromern liegt der Schwerpunkt also mehr zur Fahrzeugmitte zwischen den Achsen und tiefer. Das macht sich bei Kurvenfahrten bemerkbar.
Drehmoment und Leistung
Das Drehmoment eines Elektromotors unterscheidet sich deutlich von dem eines Verbrenners. Das Drehmoment eines Elektromotors steht über alle Drehzahlbeiche gleichmäßig zur Verfügung. Bei Verbrennern ist das Drehmoment drehzahlabhängig, benötigen eine Mindestdrehzahl um überhaupt zu laufen und kommen ohne Drehzahlwandler nicht aus, zumal die Drehzahl eines Verbrennungsmotors aufgrund des komplexen Aufbaus begrenzt ist.
Elektrofahrzeuge beschleunigen deshalb bereits beim Anfahren mit vollem Drehmoment.
Wartungsfreundlichkeit
Einfacher Aufbau eines Elektromotors
Ein Elektromotor besteht aus zwei Baugruppen: dem feststehenden Stator und dem Läufer. Er liefert direkt eine komtinuierliche Drehbewegung, kein Getriebe notwendig, geringer Verschleiß, geringere Wartung.
Bei einem Verbrenner (Otto, Diesel) muss eine explosiv auftretende gradlinie Kraft in den Zylindern in eine Drehbewegung umgewandelt werden.
Einfacher Aufbau des Elektroantriebes
Kein Getriebe, keine Einspritzanlage, kein Auspuff
Wartungsfreundlichkeit der Batterie
Der Akku eines Elektrofahrzeuges besteht wie jede Batterie aus einzelnen Zellen. Geht eine kaput, wass geschehen kann, kann die betroffene Zelle einzeln stillgelegt oder ausgetauscht werden. Da muss nicht der gesamte Akku ausgetauscht werden.
Langeweile für Schrauber
Rekuperation und E-Pedal
Rekuperation und das E-Pedal sind etwas, wofür es in der Welt der Verbranner kein Gegenstück gibt. Bremsen und Beschleunigen mit einem Pedal.
Betriebstemperatur
Verbrennungsmotoren benötigen für ihren optimalen Betrieb eine optimale Temperatur der Bauteile. Das hängt mit der Materialausdehnung, aber auch mit Schmierung zu tun.
Fehlinformationen
Ich gehöre zu den Personen, die hinter jedem Artikel im Internet, insbesondere in „Sozialen Medien“ ein großes False Flag setzten. Grade im Fratzenbuch bin ich mit vielen Artikeln zwangsbeglückt worden, riesen Überschrift, Text inhaltloser Blabla. Opa Bleifuß weis nicht, wie man 800 km am Tag mit Stromern fährt. Das Hawaiihemd kriegt den Stromer nicht zum starten. Irgendein Fahrer will keine E-Fahrzeuge mehr fahren. Frau schafft die Strecke München – Hamburg nicht, das verwendete Fahrzeug hat nur eine max. Reichweite von 180 km und ist nicht Schnellladefähig. Angeblich überall brennende Stromer, die Bebilderung zeigt aber ausschließlich brennende Verbrenner. Artikel zur Indoktrinierung.
Fahrzeugbrände
Wo sind sie denn, die brennenden Batteriefahrzeuge? In meinem Wagen steckt eine Batterie auf Litiumbasis, genauso wie in meinen Kamera, meinen Blitzgeräten, meinen Smartphones, meiner Smartwatch. Lithiumakkus können brennen, tun sie in seltenen Fällen auch. Schnellladung? Nicht nur beim Wagen, die drei Akkus meiner Kamera lade in innerhalb weniger Minuten mit einem 100 Watt Ladegerät durch. Millionen Smatphones werden täglich geladen. Brände sind so selten, dass sie eine Pressemeldung wert sind.
Warum soll das bei Elektrofahrzeugen anders sein? Sind Benzin, Diesel und Schmieröle plötzlich unbrennbar? Ein Kurzschluss in der Elektrik wird erst dann ein Problem, wenn er auf brennbares Material stößt. Und das ist in Elekrofahrzeugen Mangelware.
Nichts desto Trotz können auch die Batterien eines reinen Elektrofahrzeugs brennen, beim Ladevergang, wenn die Elektronik infolge eines Defektes oder einer Manipulation versagt, und im Falle eines Unfalls. Die Batterie liegt üblicherweise bei Stromern unter der Fahrgastzelle, Benzin- bzw. Dieseltanks befinden sich bei Verbrennern auf der Hinterachse. Sollte diese Fahrgastzelle bei einem Unfall derart beschädigt werden, das der Tank oder die Batterie brennt, spielt das für die Insassen wahrscheinlich keine Rolle mehr.
Neupreis
Ich kann jetzt nicht genau sagen, was derzeit der Stromer mit dem geringsten Neupreis ist, da gibt es Abgrenzungsprobleme hin zu den Leichtkraftfahrzeugen aber auch viele Ankündigungen von noch nicht lieferbaren Fahrzeugen. Die Einstiegspreise liegen derzeit aber noch bei über 20 k€ Neupreis, für Fahrzeuge die bestenfalls als Zweitwagen bzw. als Stadtfahrzeug taugen. Für viele jenseits der Glanzprospektwelt unbezahlbar.
Subventionen an den Käufer können in den Abgabepreis des Handels einkalkuliert werden.
Gebrauchtwagenmarkt
Der Gebrauchtwagenmarkt ist in mehrfacher Hinsicht relevant:
- Beschaffung eines gebrauchten Fahrzeuges, ev. mit Budget
- Einkalkulieren des zukünftigen Verkaufswertes beim Neuwagenkauf
Der Gebrauchtwagenmarkt bei Elektrofahrzeugen ist übersichtlich.
Preis- / Leistungbindung
Einer der wichtigsten Fahrzeugparameter ist an den Neupreis gebunden: Die Reichweite. Es gibt da durchaus die Abhängigkeit geringer Neupreis = geringe Reichweite, ev. verbunden mit einer geringeren Schnellladefähigkeit.
Öffentliches Ladenetz
Fahrzeugmanagement
Bei Verbrennern kann ein Fahrzeugmanagement eigentlich vergessen werden. Nachtanken wenn Tank leer, Werkstatt / Schrauber beim Defekt und zum TÜV wenn es sein muss.
Bei Stromern dauert der Ladevergang länger, es muss eine entsprechende Infrastruktur vorhanden sein. Das schreckt Personen ab, die von der Hand in den Mund leben.
Ladezeiten
Es dauert, bis der Akku geladen ist. Es ist allerdings nicht notwendig, neben dem Fahrzeug zu stehen um einen Batterieüberlauf zu verhindern.
Ich selbst schließe meinen Stromer abends ans Netz an, im Normalfall ist der Akku am nächsten Morgen vollständig geladen. Ich gehöre allerdings nicht zur tonangebenden Fraktion im Internet, die jeden Tag mit ihrem Gespann mindestens 800 km fährt.
Technologische Entwicklung
Die technologische und wirtschaftliche Musik in Sachen Fahrzeugbau wird heute nicht mehr in Deutschland gespielt. Das Lied können andere genauso gut oder besser spielen, Lernen, die bestehende Technologie überspringen und die Zukunftsmärkte für sich reklamieren. China schlägt zeilgenau zudem in die Kerbe des Okonomenfetisch „BILLIG“.
Detailverbesserungen bringen da auch nichts. Schön, dass es verbesserte Diesel- und Ottomotoren gibt, was feines fürs Museum, wenn die Karawane längst weitergezogen ist.
Die Batterietechnologie entwickelt sich rasant. Betrifft vor allem Kennwerte wie Batteriekapazität, Schnellladefähigkeit und den Batterieaufbau auch unter dem Aspekt der Abhängigkeit von bestimmten Rohstoffen (z. B. Kobalt).
Überforderung
Ist jetzt kein Problem von Stromern, eher etwas ein Allgemeinproblem, die zahllosen Assistenzsysteme.
Ich hatte selbst so ein Erlebnis, mein Almera war nach 19 Jahren nach einem TÜV – Termin stillgelegt worden. Schmiermittelaustritt an der Lenkgetriebe. Allein das Ersatzteil sollte über 1k€ kosten. Habe mir nach dem ersten Schock mehrere Fahrzeuge angesehen, unter anderen auch den Nissan Juke, vollgestopft mit Assis. Das Problem das ich dabei hatte: Ich muss die Meldungen die vom Bordcomputer kommen auch interpretieren und zuorden können, ich bin nicht der Pilot eines Verkehrsflugzeuges. Und das trifft etwas, was mir auch Andere bestätigt haben: Sie wollen ein Fahrzeug, in das sie sich reinsetzen und dann fahren, müssen sich auf den Verkehr konzentrieren und nicht auf das Gequäke des Bordcomputers.
Infrastruktur
Es ist kein Geheimnis, das die Infrastruktur in Sachen Batterieladung eher dürftig ist.
Ich selbst lade mein Fahrzeug zu Hause am Niederspannungsnetz auf. Geht, weil ich eine eigene Wohnung mit Platz für das Fahrzeug habe. Über Nacht lädt die Batterie. Ohne wird es schon etwas komplizierter, weil der Ladevorgang länger dauert als das Nachtanken eines Verbrenners. Die Ladestellen sind relativ dünn verteilt, es gibt unterschiedliche Ladeanschlüsse (CHAdeMo, CSS, CSS2), die das Ganze noch einmal ausdünnen. Ok, es gibt da Adapter, bei denen sich mir allerdings die Frage stellt, warum der Preis dafür sich im 4-stelligen Bereich bewegt! Da wird lediglich das Ladeprotokoll von einem Minicomputer übersetzt, das ist das Gleiche wie bei den von mir verwendeten Adaptern um EF-Objektive auf MFT oder Fuji X zu verwenden, die kosten durchaus einige Hunderter.
Umweltverträglichkeit
Die Umweltverträglichkeit ist ein komplexes Thema, beginnt mit der Rohstoffbeschaffung für den Bau und den Kraftstoff. Geht über die Fertigung hin zum Betrieb und zur Entsorgung. Das ist ein Unterthema, dass nicht in einem einzelnen Absatz darstellbar ist.
Es wird aber oft einseitig argumentiert, als ob die eigene Vorliebe keine Probleme verursacht.
Fahrzeuggeräusche
Wat den Eenen sin Uhl, is den Annern sin Nachtigall!
Die Einen wollen Motorengeräusche, ist das Geräusch eines Sechs- oder Achtzylinders Viagra fürs abendliche Abschleppen auf der Promenade. Für die Anderen ist das nichts weiter als grausamer Lärm.
Entmündigung
Politische Vorgabe.