Markt
Zunächst aber ein paar Worte zur Ausgangslage der Elektrizitätswirtschaft. Als ich in der Elektrizitätswirtschaft 1977 anfing, bestanden noch Gebietsmonopole, für jeden Anschluss gab es exakt einen Lieferer / Versorger der den Kunden / Abnehmer versorgte. In den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts kam es zu einem Paradigmenwechsel, weg vom Gebietsmonopol hin zu einer marktorientierten Stromlieferung. Parallel dazu wurde dieses auch für die Gasversorgung durchgeführt, da vieles ähnlich ist und die Grundlagen sich mittlerweile angepasst haben, ignoriere ich dieses hier einmal. In Zusammenarbeit von Aufsicht, Branchenverbänden und Versorgern ist damals ein Geschäftsmodell entwickelt worden, das eine marktorientierte Lieferung zulässt, aber auf nur einem physischen Netz beruht. Kosten durch Parallelnetze sollten nicht entstehen. Im Kern besteht dieses Modell zwei Kernelementen:
- Der Trennung der Netze von der organisatorischen Versorgung und
- dem Poolmodel für die Abwicklung der Geschäfte
Durch die Trennung der Funktionen und den dazugehörenden Aufgaben in unterschielichen Rollen sind vier Marktrollen entstanden:
Lieferer | Führen des Bilanzkreises (Bilanzkreisverantwortlicher) Erstellen von Fahrplänen für die Beschaffung der Energie und deren Übertagung zum Kunden |
Messstellenbetreiber | Durchführung von Messungen |
Verteilungsnetzbetreiber | Betrieb und Fortentwicklung von Verteilungs- und Ortsnetze zur Versorgung von Kunden |
Übertragungsnetzbetreiber | Betrieb und Fortentwicklung eines übergeordnetten Höchst- und Hochspannungsnetzes Beschaffung von Regelenergie (Mehr-/Mindermengen, Netzverluste, Frequenzhaltung …) |
Ich möchte das Thema hier nicht weiter vertiefen. Thema ist hier eigentlich etwas anderes, die
Marktkommunikation
Quintessenz ist, dass an der Versorgung einer Anlage immer mehrere, voneinander getrennte Organisationen beteiligt sind. Diese sind dazu verpflichtet, miteinander Kommunizieren. Die gesetzliche Grundlage ergibt sich aus StromNZV §14:
Die Netzbetreiber sind verpflichtet, für die Durchführung des Lieferantenwechsels für Letztverbraucher sowie für die Zuordnung von Einspeiseanlagen zu Händlern und Bilanzkreisen bundesweit einheitliche, massengeschäftstaugliche Verfahren anzuwenden. Für den elektronischen Datenaustausch mit den Netznutzern ist ein einheitliches Datenformat zu verwenden. Die Netzbetreiber sind verpflichtet, die elektronische Übermittlung und Bearbeitung von Kundendaten in massengeschäftstauglicher Weise zu organisieren, sodass die Kundendaten in vollständig automatisierter Weise übermittelt und bearbeitet werden können. Die Verbände der Netznutzer sind an der Entwicklung der Verfahren und Formate für den Datenaustausch angemessen zu beteiligen.
StromNZV $14 (1) Aufruf vom 13.12.2024
Dadurch das die Netzbetreiber zu einer bestimmten Art der Kommunikation verpflichtet sind, müssen auch Lieferanten und Messstellenbetreiber sich an diesen Standard halten.
Bereits aus diesem Absatz lassen sich mindestens zwei Ebenen der Kommunikation ableiten, eine
- technische Ebene und eine
- organisatorische Ebene.
Technische Ebene
Während der Gesetzgeber noch von einem bundesweit einheitlichen, massentauglichen Verfahren spricht, werden die Vorgaben vom BDEW präzisiert: EDI@Energy. Das Verfahren basiert auf dem von der UNO herausgegebenen EDIFACT – Datenformat, das den Erfordernissen der Branche angepasst ist. Die technische Ebene erklärt also, wie die Marktteilnehmer untereinander kommunizieren. Ist in erster Linie ein technisches Problem und hat mit meinem Problem des Lieferantenwechsels nur mittelbare Bedeutung. Ich verkürze deshalt an dieser Stelle.
Organisatorische Ebene
Beide Dokumente werden von der Bundesnetzagentur herausgegeben und beschreiben anhand von Anwendungsfällen (Use-Case) standardisierte Geschäftsprozesse.
Die Anwendungsfälle beschreiben, wer in welchen Fall mit wem wie zu interagieren hat. Dazu gehören neben dem Auslöser auch Handlungen bei Unstimmigkeiten.
Anwendungsfälle GPKE
- Kündigung
- Lieferende
- Lieferbeginn
- Beginn der Ersatz- / Grundversorgung
- Übermittlung der bisher gemessenen Arbeits- und Leistungswerte
- Netznutzungsabrechnung
- Übermittlung von Preisblättern
- Unterbrechnung der Anschlusslieferung auf Anweisung des Lieferanten
- Wiederherstellung der Anschlusslieferung auf Anweisung des Lieferanten
- Stornieren und Wiederherstellen der Anschusslieferung auf Anweisung des Lieferanten
- Stammdatensynchronisation
- Stammdatenänderungen
Anwendungsfälle WiM
- Kündigung Messstellenbetrieb
- Beginn Messstellenbetrieb
- Verpflichtung gMSB
- Gerätewechsel
- Geräteübernahme
- Messlokationsänderungen
- Ersteinbau einer mME in eine bestehende Messlokation
- Ersteinbau einer iME in eine bestehende Messlokation
- Abrechnung Messstellenbetrieb
- Abrechnung von Dienstleistungen